A.D. 1170
Chronik der Ereignisse um die Fraternitas, im
Tribunal Gallia Transalpina, den Feenwäldern und in der sonstigen Welt.
Gesammelt und aufgeschrieben ab dem Jahre des Herrn 1155.
Man möge mir verzeihen, denn die Stunde war schon fortgeschritten und der
Geist ermattet. Nur so kann ich mir erklären, dass mir solch ein Fehler
unterlaufen konnte. Es ist schon richtig, dass der Krieg fuer Heinrich von
England guenstig verlief und er die Krone ueber alle Briten errungen hat, doch
vergass ich dabei wichtige Ereignisse zu erwähnen, deren Erzählung ich doch
fuer wichtig halte, denn es handelt sich um Dinge, die fuer die Gemeinschaft
später einmal von Nutzen sein könnten. So will ich nun beginnen und die
Geschehnisse des Winter anno domini 1169 berichten.
Bevor Heinrich nämlich König aller Briten wurde berief er fuer die Mitte des
Monats Dezember alle Weisen nach Dinan, damit sie ihm ihr Wissen ueber das
Schwert Exkalibur offenbaren. Dies sollte seine Herrschaft legitimieren, denn
wer das Schwert fuehrt, soll König sein. Dies besagt die Legende, daher sein
Wunsch es zu besitzen. Diese Kunde erhielten auch wir durch unseren Freund
Frederic. Wir berieten in gemeinschaftlicher Runde, in welcher Art und Weise
wir unseren Beitrag dazu erbringen könnten und beschlossen, Meister Alexander
und Bruder Tuk in das Kloster von LaBour zu entsenden, da in deren Bibliothek
Bücher, die ueber die Geschichte berichten, vorhanden sein könnten. In genau
diesem Ansinnen reisten auch Sire Lazarde, Meister Zen und Meister Omar zum
Chateau des Barons, um dort die Bestände unseres Freundes Frederic einzusehen.
Es stellte sich heraus, dass beide Missionen mit Erfolg gesegnet waren. Denn
im Kloster gab es ein Buch eines Geoffrey von Monmouth Historia Regnum
Britanniae, welches viele Dinge ueber die Geschichte der Insel und ihrer Bewohner
enthielt. Doch weitaus interessanter waren die Ausfuehrungen des Bibliothekars
Merdoc, der aufgrund eigener Forschungen die These äusserte, es gebe zwei
Schwerter. Auch er sollte zu jenem Treffen in Dinan zugegen sein. Indes fanden
die sodales bei Frederic auch nuetzliche Hinweise. Frederic, so stellte sich
heraus, beherrscht die Schrift der alten Kelten und bewahrt viele ihrer alten
Schriften in seiner Bibliothek. Eines jener alterwuerdigen Gedichte schien von
Merlin selbst verfasst zu sein und bot viele Hinweise ueber den Wald von
Broceliande, wo Excalibur wieder der Herrin von See uebergeben worden ist. Daher
kopierte Meister Omar diesen Text, und mir fiel später die bescheidene Aufgabe
zu, ihn in unserer Bibliothek fuer kommende Tage aufzubewahren. Auch Freund
Frederic war in Dinan beim Rat des Königs zugegen. Weiterhin waren auch Meister
Vitus und die Maga Lucia von Circulus Justiorum neben einer stattlichen Anzahl
weiterer Gelehrter anwesend, von denen ein gewisser Fitzcairn unsere
Gemeinschaft noch weiter beschäftigen sollte. Doch davon mehr, wenn ich mit meiner
Erzählung jene Zeit erreichen werde. Jener Rat, welcher sich im Namen des
Königs versammelt hatte, brachte wenig Frucht hervor, denn nachdem ein Ritter
namens Amyn Ap Nwython von seiner Jagd im Wald von Broceliande, die ihn
irrtuemlich in jenen Feenwald gefuehrt hatte, berichtete und die anwesenden
Magier den Fall weiter untersucht hatte, brach alsbald ein heftiger Streit mit den
vorstelligen Gelehrten der Mutter Kirche aus. Vertraten diese doch den
Standpunkt, jenen Geschichten des Volkes und den alten heidnischen Legenden keine
weitere Bedeutung zuzumessen. Nur Gott könne ein Königtum legitimieren, aber
nicht ein Schwert, welches Gegenstand abergläubiger Erzählungen sei. Schnell
waren beide Seiten mit Vorwuerfen zur Hand, und als die Sitaution der heiligen
Kirche im Königreich England mit in die Auseinanderseztung geriet, war's mit
der königlichen Geduld vorbei. Bebend vor Zorn warf er mit lauten und
unziehmlichen Worten alle aus der Halle.
Es tat Eile not, wollten wir verhindern, dass das Schwert vielleicht von den
falschen gefunden werden sollte, auch wäre es durchaus ruehmlich gewesen,
wenn wir Excalibur hätten ueberbringen können. Daher brachen alsbald Meister
Barnados, Meister Omar, Meister Alexander, Meister Argus und Dolph mit einigen
Getreuen auf, um den Wald von Broceliande auf raschem Wege zu erreichen. **
Doch wie wir bald schmerzlich erfahren sollten, bietet dieser Feenwald
vielerlei Gefahren. Denn schon bald nachdem sie die ersten Schwellen ueberschritten
hatten, entbrannte ein Kampf mit einem Basilisken, welcher durch die unseren
erschreckt Meister Argus Getreuen tötete. Doch Meister Argus rächte seinen
Freund und Vertrauten. So war der Mut und die Hoffnung auf baldigen Erfolg
dahin, aber niemand gedachte, das einmal begonnene Werk nicht zu vollenden.
Mit Hilfe der Verse, welche Meister Omar bei Frederic kopiert hatte, gelang
es, einen Apfelbaum zu finden, der einen Uebergang auf höhere Ebenen zu sein
schien. Dieses Unterfangen glueckte auch, und weiteren Gefahren aus dem Wege
gehend suchte man zuerst den Waldrand wieder auf. Doch dort stellten die Magier
fest, dass sie an einem weit im Norden der britischen Insel namens Caledonien
gelangt waren. Es blieb also nichts anderes uebrig, als ueber den einmal
beschrittenen Weg ein zweites Mal zu gehen, gegen die Warnungen der Einwohner
jener Gegend, die zu berichten wussten, dass niemand der in diesen Wald ging
jemals zurueckgekehrt sei. Doch blieb keine andere Wahl. In den Wald
zurueckgekehrt gelangten die sodales auf eine winterliche Lichtung eines Fichtenhains,
in deren Mitte eine Mulde mit Fichtenzapfen war. Als Meister Argus einen davon
aufnahm, wurden er selbst, Meister Omar, sein Getreuer und Meister Alexander
in Fichten verwandelt. Nur Meister Barnados und Dolph widerstanden jener Magie.
Meister Barnados fand schnell die Ursache jenes gemeinen Zaubers, und nach
kurzem Kampf mit einer alten grossen Fichte zwang er sie mit ihm ueber die
Herausgabe der Gefangenen zu verhandeln. Diese sollten im Fruejahr erlöst werden,
wenn Meister Barnados die Samen jener Fichte weit ueber die Lande verteilt
habe. Dies war die Einigung und so sollte es geschehen. Daraufhin zogen Meister
Barnados und Dolph weiter durch den Wald und beschlossen, nach einigen weiteren
sonderlichen Vorkommnissen, den Wald zu verlassen. So gelangten sie denn auch
wieder wohlbehalten zurueck zum Covenant.
Einige Zeit später reisten Meister Barnados, Burder Tuk, Dolph und Guillieme
nach Dol. Auf ihrem Rueckweg nach Dinan wurden sie von Wegelagerern
ueberfallen. Warum ich dieses berichte, will ich alsbald sagen, denn nachdem in
bitterem Kampf der Feind ueberwunden war, fand man beim Anfuehrer des Gesindels
ein magisches Schwert, welches mit Runen beschrieben war, die den sodales
unbekannt waren. Auch Frederic konnte sie nicht entziffern, und so behielten
wir jene Waffe, um vielleicht zu einem späteren Zeitpunkt weiteres darueber
zu erfahren.
** Es soll noch erwähnt sein, dass Meister Argus, Sire Lazarde und Meister
Omar in der Nacht vor der Abreise von den Dämon Paimon träumten, der gegen
eine vermummte Gestalt das Spiel der Könige spielte. Alle sahen, dass jene
Ausgeburt der Hölle dem weissen Spieler Gardez la Dame gebot. Dies hätten
wir als böses Omen erkennen muessen, doch wir, die wir nur mit geringem
Verstand geboren, verkannten die Zeichen des Herrn.
So will ich denn nun die Geschehnisse des Jahres 1170 berichten, die grosse
Veränderungen fuer das Land brachten. Denn Heinrich begann die Belagerung
seiner Widersacher Conan IV. und Eudes von Nantes, und nachdem er sie bezwungen
hatte, liess er sich nun, wie ich es bereits beschrieben habe, zum König aller
Briten ausrufen. Währenddessen war Meister Barnados unterwegs, um sein
Versprechen gegenueber dem alten Baum zu erfuellen, damit unseren gefangenen
sodales die Freiheit wiedererlangten. Sein Weg fuehrte ihn weit bis in die Lande
der Deutschen Zunge, wo er einem alten Bekannte, Meister Bonifatius Silber von
der Gemeinschaft Ad vis per veritas, einen Besuch abstattete. Nachdem sein Werk
vollbracht war, kehrten auch bald die Befreiten aus dem Wald von Broceliande
zurueck.
Bald kam die Kunde, dass zu Ehren unseres Freundes des Barons wie auch anderer,
die sich im Kampf an der Seite Heinrichs hervorgetan hatten, vom König ein
grosses Fest in Dinan abgehalten werden sollte. Meister Argus, Sire Lazarde
und Guillieme, welche alle in der Fehde des Barons mit Wilhelm von Hagen
tapfer auf des Barons Seite gefochten hatten, begleiteten diesen zu seinem
Ehrenmahl. Es war ein rauschendes Fest mit allerlei Gaukelei, edler Dichtung und
hohem Gesang, aber auch guter Speise und betörendem Wein. Fuer jene, die daran
teilgenommen, wird es unvergessen sein, denn von solcher Grosszuegigkeit zeugte
es, dass es fuer lange Zeit seinesgleichen suchen wird.
In den wärmeren Tagen des Sommers des Jahres begann unsere Gemeinschaft, den
Wald, welcher uns zu eigen gegeben war, nach Quellen von vis zu untersuchen.
Und in der Tat wurden Meister Argus, Meister Omar und Dolph bald fuendig. Denn
sie entdeckten die Nester grosser weisser Eulen, die aufgrund ihrer uebernatuer
lichen Grösse vielversprechend waren. Daher beschloss man, sich des nachts
nocheinmal dorthin zu begeben, um vielleicht näheres herauszufinden. Doch dies
erwies sich als fataler Fehler, da die Eulen, welche nachts aktiv zu sein
pflegen, angriffen und Dolph mit in die Luefte erhoben. Meister Omar, der sofort
mit einem Feuerzauber einen Gegenangriff unternahm, konnte dies nicht
verhindern. So war es an Meister Argus dem auf's ärgste Bedrängten zu Hilfe zu
eilen. Dieser kam gerade noch rechtzeitig um zu verhindern, dass Dolph, den
die Eule ueber felsigem Grund einfach hatte fallen lassen, hart auf die Erde
schlug. Doch trugen beide Verletzungen davon, da es einen weiteren Angriff des
Vogels abzuwehren galt. Durch Meister Argus bezwungen, stellte man dann fest,
das die Kreatur tatsächlich von magischem Wesen war und vis in sich trug.
Doch dieses fuer uns zu nutzen, ist ein durchaus gefährliches Unterfangen.
Etwa zur gleichen Zeit erreichte uns ein Bote unseres genuesischen Freundes
Giacomo Tadini, der uns die erste Rendite von 600p uebersandte. In der Tat
war es ein lohnendes Geschäft, in ein gutes italienisches Handelshaus zu
investieren. Und wir hoffen, dass in den nächsten Jahren ähnliche Gewinne
uns erwarten. Doch sollten wir uns bescheiden und nicht vor Gott durch
verderbliche Gier nach Geld suendig werden.
Dies sind die Ereignisse des Jahres des Herrn 1170 wie ich sie in Erinnerung
behalten habe. Gott sei gelobt und bedankt, dass in jenem Jahr so wenig
Unglueck auf unserem Weg vorhanden war. Möge Gottes Gnade auch im
kommenden Jahr unsere Gemeinschaft begleiten und Unheil von uns wenden.